Die Österreichische Muskelforschung unterstützt auch Forschungsprojekte zur Verbesserung der medizinisch-therapeutischen Versorgung muskelkranker Menschen. Gerade in den letzten Jahren gibt es auf diesem Sektor eine Entwicklung, die Anlass zu vorsichtiger Hoffnung gibt.

So gelang es in den vergangenen Jahren durch hauptsächlich vier Maßnahmen, die Lebenserwartung von Menschen mit Duchenne Muskeldystrophie (DMD) bis zu einem Alter von 30 bis 40 Jahren zu erhöhen. Diese deutliche Steigerung der Lebenserwartung eröffnet den Betroffenen ganz andere Lebensperspektiven als noch Anfang der 2000er. Die relevanten Maßnahmen sind

  • die Einführung einer Therapie mit Cortison
  • die Behandlung der Atemstörung während des Schlafes über Maskenbeatmung
  • die orthopädisch-chirurgische Stabilisierung der im Rahmen der Erkrankung auftretenden Wirbelsäulenverkrümmung (Skoliose)
  • die Therapie auftretender Herzmuskelschädigung (Kardiomyopathie)

Neue Medikamententherapien:

Seit 1. Februar 2024 ist AGAMREE® (Wirkstoff Vamorolone) zur Behandlung von Duchenne-Muskeldystrophie (DMD) bei Patienten ab dem Alter von 4 Jahren, unabhängig von der zugrundeliegenden Mutation und der Gehfähigkeit, in Österreich zugelassen. Der Wirkmechanismus, beruht auf der Bindung an denselben Rezeptor wie Glukokortikoide und gilt als dissoziativer Entzündungshemmer.

Ataluren (Translarna™) für DMD-Patienten mit einer speziellen Nonsense-Mutation, die zum Abbruch des Ablesens der Geninformation und zur Produktion eines nicht funktionsfähigen Proteins führt, hat mit Ende Jänner 2024 seine temporäre Zulassung verloren. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) hat im Zuge der Re-Evaluierung der bedingten Marktzulassung von Translarna (Ataluren) in Europa ein negatives Votum ausgesprochen. Bis zur Ratifizierung durch die Europäische Kommission (in der Regel innerhalb von 67 Tagen) bleibt Ataluren verfügbar. 

Therapien für SMA-PatientInnen
Bei Spinaler Muskelatrophie (SMA) wird durch die fehlerhafte Bildung des SMN-Proteins in Nervenzellen die Übertragung motorischer Impulse in die Muskelzellen verhindert. Dadurch verkümmert die Muskulatur.

Nusinersen (SPINRAZA®) : Für PatientInnen mit SMA bedeutete die 2017 in Österreich erfolgte Zulassung eines sogenannten Antisense-Oligonukleotid (Nusinersen) einen großen Fortschritt. Das Medikament wird zunächst alle zwei Wochen, später dann zweimal im Jahr, ins Rückenmark injiziert. Je früher diese Therapie zum Einsatz kommt, umso optimaler ist die Wirkung. Inzwischen konnte auch eine Wirkung bei erwachsenen SMA Patient*innen, u.a. als Ergebnis einer Studie in Deutschland, nachgewiesen werden.

Mit Zolgensma® ist seit Mai 2020 erstmals eine Gentherapie für Typ SMA1 Patienten in Österreich zugelassen. Das Medikament wird betroffenen Babys und Kleinkindern bis zu einem Körpergewicht von 21 kg als einmalige Infusion verabreicht. Dabei wird mittels eines gentechnisch veränderten, nicht krankmachenden Virus ein gesundes Gen in die Zelle eingeschleust. Kinder, die Zolgensma® infolge einer frühen Diagnose rasch nach ihrer Geburt erhalten, entwickelten sich im Idealfall bisher annähernd normal. Entscheidend dafür ist ein Therapiebeginn vor Auftreten der ersten Symptome. Seit Herbst 2020 werden die Kosten der Therapie in Österreich von der Bundesgesundheitsagentur übernommen.

Das Medikament Evrysdi (Wirkstoff Risdiplam) ist das erste oral einzunehmende Medikament für Patient*innen mit Spinaler Muskelatrophie und kann somit zu Hause verabreicht werden. Die Zulassung erfolgte in Österreich im März 2021. Die Einnahme erfolgt täglich. Der Wirkmechanismus ist jenem von Nusinersen ähnlich.

Die im Juni 2021 erfolgte Aufnahme der SMA ins Neugeborenenscreening ist für eine frühestmögliche Diagnose und somit für die Wirksamkeit der Therapien bei SMA eine wichtige Voraussetzung.